ÖFFIS IN WIEN …

Smart City Wien Rahmenstrategie 2019–2050 Die Wiener Strategie für eine nachhaltige Entwicklung

Wir müssen als Gesellschaft unser Mobilitätsbewusstsein schärfen und das Ausmaß unserer persönlichen Möbilität überdenken, was leider die meisten schon als Angriff auf die persönliche Freiheit empfinden. Dennoch ist Suffizienz, also Reduktion auf das notwendige Mindestmaß – wie immer wir diesen Begriff auch persönlich definieren – eine unabdingbare Notwendigkeit. Auch wenn wir unsere Individualfahrzeuge mit nachhaltigem Strom tanken, muss Suffizienz in unser Mobilitätsverhalten einfließen, denn ein ressourcenschonender Umgang mit Energie ist die Prämisse für das Erreichen der Klimaneutralität, die wir uns als Gesellschaft selbst zum Ziel gesetzt haben. Selbst im Vorwort zur genannten „Smart City Wien Rahmenstrategie 2019 – 2050“ lässt sich folgender einleitende Satz von Bürgermeister Ludwig finden:

„2050 – ein Jahr, das nach nichts anderem klingen kann als nach Zukunft. Doch auch, wenn bis dahin noch drei Jahrzehnte vor uns liegen, sind die folgenden Jahre entscheidend. Starkregenfälle, Dürreperioden und Hitzewellen führen uns bereits heute die Folgen der Klimakrise vor Augen. Sie zählt zu den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und hat weitreichende Auswirkungen auf unser Leben – auf dem Land und in den Städten. Umso wichtiger ist es, die eigene Zukunft nicht sich selbst zu überlassen, sondern als Stadt aktiv zu handeln. Wien tut genau dies mit Hilfe der Smart City Wien Rahmenstrategie.“

Zum Thema Mobilität heisst es dann unter dem Titel „UNSERE AGENDA“:

Die Verkehrsverlagerung weg vom Pkw ermöglicht auch mehr Platz für Gehen, Radfahren und öffentlichen Verkehr. Ziel ist eine faire Aufteilung und Nutzung der Verkehrsflächen und des öffentlichen Raums. Der bisher vorwiegend Auto-orientierte Straßenraum, insbesondere der Parkraum für Fahrzeuge, muss an die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung angepasst und auch für vielfältige Verwendungszwecke verfügbar werden. Die Gestaltung des öffentlichen Raums hat zudem eine große Bedeutung für Klimaschutz und Lebensqualität sowie für die Anpassung an den Klimawandel.

Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist neben mit Muskelkraft betriebenen Fortbewegungsmittel die notwendige Ergänzung zu einem sinnvollen Zukunftsweg in die Klimaneutralität. Leider ist Wien, obwohl in einem populären Ranking angeblich die lebenswerteste Stadt, in der jüngeren Vergangenheit vom Podest gefallen. Als täglicher Öffinutzer stelle ich fest, dass es inzwischen wenig Tage gibt, wo man mit der dargebotenen und auch bezahlten Leistung zufrieden sein kann. Gerade die Linie U1 ist für uns „Transdanubier“ und Bewohner der Donaustadt eine besonders wichtige Verkehrsachse in die Stadt und ist es bei einem Ausfall leider nicht möglich, mit anderen Öffis auch nur annähernd direkt über die Donau in die Stadt zu kommen. Die angebotenen Ausweichrouten sind so gut wie kein Ersatz, selbst bei Totalausfällen sind die Wiener Verkehrsbetriebe nicht in der Lage, in annehmbarer Zeit einen Schienenersatzverkehr über die Donau zu bewerkstelligen.

In der Politik ist die Freude groß, dass Wien so schön wächst, dennoch wird nichts in annähernd erforderlichem Ausmaß in Infrastruktur und öffentliche Verkehrsmittel investiert. Statt dessen treibt man den Straßenbau voran, betitelt eine neue Stadtautobahn als „Stadtstraße“, gräbt sich mit enormen Ausgaben mehrfach unter Wohnvierteln und Bahnlinien durch und beruft sich dabei noch auf Umweltveträglichkeitsprüfungen, die erfolgreich zerstückelt und unter Schwellenwerte gedrückt wurden. Die enorme Bautätigkeit in der Donaustadt – es entsehen hier tausende neue Wohnungen – müsste eigentlich zu einem massiven Ausbau der Öffis führen, es scheint eher das Gegenteil der Fall. Durch diese Umstände arbeitet man jedenfalls so gut wie 180 Grad gegen ein gesteigertes Mobilitätsbewusstsein und bringt selbst idealistisch veranlagte Öffinutzer:innen wieder zurück ins möglichst eigene Auto.

Interessant, wie Zielvorgaben, die wir uns selbst im Bewusstsein einer lebenswerten, oder vielleicht besser erlebenswerten Zukunft für unsere Kinder und Kindeskinder, lediglich unrealistische Ziele bleiben. Die „Smart City Wien Rahmenstrategie 2019–2050 – Die Wiener Strategie für eine nachhaltige Entwicklung“ spricht auf Seite 65 ff davon, dass folgende Ziele ganz wesentlich in der zukünftigen Entwicklung der Stadt Wien umgesetzt WERDEN SOLLEN:

ZIEL: DIE CO 2 -EMISSIONEN DES VERKEHRSSEKTORS SINKEN PRO KOPF UM 50 PROZENT BIS 2030 UND UM 100 PROZENT BIS 2050.
ZIEL: DER ENDENERGIEVERBRAUCH DES VERKEHRSSEKTORS SINKT PRO KOPF UM 40 PROZENT BIS 2030 UND UM 70 PROZENT BIS 2050.

Wie passt das zu den Erfahrungen, die wir als Bewohner dieser Stadt täglich machen müssen, wenn wir unsere Mobilität auf öffentliche Verkehrsmittel umlegen und auf das Individualfahrzeug verzichten? Wo ist der Anreiz, auf den Luxus der vermeintlichen Freiheit im Auto zu verzichten und einen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten? Wie stellen sich die Entscheidungsträger das Erreichen dieser ambitionierten Ziele, die sie selbst entwickelt haben, vor? Fragen, welche dringend beantwortet werden müssen, wenn wir tatsächlich die nachhaltigen Ziele der genannten Strategien erreichen wollen.

Johann Blinowski-Plch, 12.12.2023

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